Der Spiegel des Ozeans

Hallo! Mein Name ist Silicia, und ich bin eine Glasschwamm-Dame. Ich lebe in einem geheimnisvollen und stillen Reich, tief unten im Nordostpazifik, wo das Wasser eiskalt ist, niemals wärmer als zwei Grad Celsius. Mein Zuhause ist kein gewöhnlicher Ort – es ist ein Unterwassergebirge, geschmückt von einer Grotte, die von Lichtstrahlen durchzogen wird, die wie Tanzschritte durch die Dunkelheit gleiten. Mein Körper ist aus Glasfasern gemacht, ja genau, wie Glas! Aber das macht mich nicht zerbrechlich, oh nein, es macht mich stark, sehr stark. Meine Fasern ziehen jedes Jahr winzige Nahrungsteilchen aus dem Wasser. Es ist alles, was ich brauche, um zu überleben. Aber das Leben hier unten ist nicht immer einfach, das kannst du mir glauben.

Ich war noch recht jung, als es passierte. Die Strömung, die normalerweise sanft an mir vorüberstreicht, trug plötzlich ein merkwürdiges Ding herein. Es war groß, rund und fühlte sich... falsch an. „Was ist das überhaupt?“, fragte meine Nachbarin, eine anmutige Seegurke, die neben mir auf dem Felsen haust. Wir Glasschwämme sind keine guten Schwimmer, weißt du, wir bleiben lieber fest verankert. Deswegen war ich besonders beunruhigt, als das Ding in der Strömung hängenblieb und immer näher kam. Seine Schatten drohten, meinen Platz im Leben des Ozeans zu verändern. Wir entschieden, zusammen herauszufinden, was es war – mein Freund Otto, ein neugieriger Einsiedlerkrebs, und ich.

Aufgeregt begann Otto, über alles nachzudenken. „Vielleicht ist es ein Raubtier!“ Otto ist klein, aber seine Fantasie recht groß, sage ich dir. Schließlich bemerkte ich, dass das Objekt große Mengen feiner Sedimente aufwirbelte. Das war schlimm. Es könnte meine Filterzellen verstopfen, die feinen Kanäle, durch die Wasser und Nahrung hindurchfließen! In meiner tiefen Sorge fragte ich mich, was ich tun konnte – ich bin keine Schnelle wie ein Fisch und kein Kämpfer wie ein Kugelkrebs. Aber hier, tief unten im kalten Wasser, haben wir eine Regel gelernt: Zusammenarbeit. Zusammen schaffen wir mehr, das denke ich immer. Unsere kleine Gesellschaft unter Wasser wuchs enger zusammen – wir müssten abwägen, planen und gemeinsam handeln.

Wir organisierten uns: Otto holte Hilfe von einem Schwarm munterer Lanternenfische, die flink und wendig waren. Die Seegurke und ich arbeiteten an einer Strategie. Da ich Wellenbewegungen spüre, wusste ich genau, wann die Strömung das merkwürdige Ding anstieß. Und es stellte sich heraus, dass es nur ein verlorener Plastikring war, der aus der Oberwelt hierher abgetrieben worden war. Mit einer geschickten Bewegung – angeführt vom Schwarm Lanternenfische – zogen sie das störende Ding weg. Es war ein kleiner Sieg, und doch fühlte es sich groß an. Das Leben in der Tiefe gehört uns allen, und es liegt an uns, es zu bewahren.

Wusstest du schon?

Glasschwämme gehören zu den ältesten Tieren der Erde und existieren seit über 500 Millionen Jahren! Ihre faszinierenden, glasartigen Skelette bestehen aus Kieselsäure, einem Material, das sogar feiner ist als modernes Glas!