Hallo, ich bin Rocky. Kein Stein, sondern ein Waschbär. Und ja, was mein Name schon verrät: Ich bin eher der Abenteuertyp. Meine Heimat? Ein dicht bewaldetes Tal, das von einem klaren, plätschernden Fluss durchzogen ist. Dort schmeckt das Wasser süß und frisch, besonders in der Nacht, wenn der Mond es zum Glitzern bringt. Unser Tal, Freunde, ist ein Ort voller Geheimnisse. Die Bäume hier sind so alt und hoch, dass man meinen könnte, sie könnten den Himmel stützen. Aber lasst mich euch erzählen, was mir letztens passiert ist. Das war kein gewöhnlicher Tag in meinem Leben — oder besser gesagt, keine gewöhnliche Nacht.
Wie jeden Abend war ich mit meinem Bruder Rufus unterwegs. Rufus ist gerade mal ein Jahr alt, aber glaubt schon, er wäre ein großer Entdecker. Mit seinen kleinen Pfoten tapert er überall hin, als gäbe es keine Gefahr auf der Welt. Dabei muss man im Wald immer wachsam sein. Wir Waschbären sind nicht gerade die Schnellsten, wisst ihr? Und wenn ein Fuchs, ein Rotluchs oder gar eine Eule unseren Geruch aufnimmt, könnten wir schnell zu ihrem Mitternachtssnack werden. Aber zurück zu Rufus. An diesem Abend konnte er gar nicht ruhig bleiben. „Rocky, schau! Da, an der großen Weide! Siehst du das? Es funkelt!“ Er hatte recht. Etwas strahlte im Dunkeln, direkt neben dem Fluss. Was es wohl war? Mein Entdeckergeist war geweckt!
Wir schlichen uns an die Stelle am Wasser, und je näher wir kamen, desto fremder und aufregender schien es zu werden. Die Luft roch nach frischem Moos, nassem Holz und, seltsamerweise, ein bisschen nach Honig. Das Funkeln entpuppte sich als etwas Schimmerndes, das zwischen Felsen und Grashalmen lag. Vorsichtig tappte ich mit meinen Pfoten ins flache Wasser. Es war so kalt, dass ich fast zurückgezuckt wäre, aber meine Neugier war stärker. Als ich den Gegenstand aufhob, merkte ich, dass es ein silbriges Ding war – ein kleiner Löffel! Anscheinend hatte einer der Menschen, die manchmal hier picknicken, ihn vergessen. Rufus’ Augen wurden groß. „Was machen wir damit?“ fragte er aufgeregt. Ich drehte den Löffel in meinen flinkeren Vorderpfoten. „Vielleicht ist das Ding gar magisch“, scherzte ich, „oder es gehört einem Feenfürsten!“ Doch bevor wir weiter darüber nachdenken konnten, knackte es plötzlich im Gebüsch!
Wir erstarrten. Mein Fell stellte sich auf, und ich schob Rufus hinter mich. Denn hier, in unserem Tal, heißt ein Geräusch im Gebüsch oft: Achtung! Ganz langsam hob ich die Nase und schnupperte. Der Geruch war nicht klar, aber es war kein Fuchs oder ein anderer Feind. Ich fasste allen Mut zusammen, um nachzusehen — und da kam er hervor: der alte Biber, den wir „Herr Nagezahn“ nennen. Er schnaufte und schien genauso erschrocken wie wir. „Was treibt ihr euch so spät am Wasser herum? Ein Luchsjunges wurde vor Kurzem hier gesehen!“ Warnend zwinkerte er uns zu und trottete dann weiter. Mein Herz klopfte wie wild. Keine Frage, der Wald war nicht immer mein Freund. Auch Rufus schien sich nun ein wenig geduckter zu bewegen, was mich leise lachen ließ.
Zurück am Bau legten wir den Löffel zwischen unsere Schätze: glänzende Flusskiesel, eine bunte Feder und ein rundes Stück Bernstein, das wir einst gefunden hatten. Nicht alles in unserer Welt ist gefährlich. Manchmal steckt sie auch voller Wunder, die nur darauf warten, entdeckt zu werden. Eine kleine Sammelbox mit Kuriositäten, wie Rufus sie gern nannte. Dann kuschelte ich mich in unser von Blättern ausgekleidetes Nest und ließ meinen Bruder die Geschichten des Tages weitererzählen. Er war ein großartiger Erzähler, wenn auch sehr fantasievoll. Aber genau das liebe ich an ihm – auch, wenn ich ihn ab und zu davor beschützen muss, übermütig zu werden.
Und so endete unser kleiner Abend zwischen Glitzern, Gefahren und einer neuen Entdeckung. Wer weiß, was die nächste Nacht bringt. Vielleicht einen neuen Schatz am Fluss oder ein Abenteuer mit einem ganz anderen Gefährten. Mit Rufus an meiner Seite war ich jedenfalls bereit für alles. Und vielleicht, nur vielleicht, erzähle ich euch ja eines Tages, was wir als Nächstes gefunden haben. Aber fürs Erste sage ich: Gute Nacht, liebe Freunde. Die Wälder schlummern schon — genau wie wir.
| Name: | Waschbär |
| Wissenschaftlicher Name: | Procyon lotor |
| Gewicht: | 3,6 bis 9,0 kg |
| Maße: | bis zu 71 cm |
| Lebensalter: | 20 Jahre |
| Lebensraum: | Auf dem gesamten amerikanischen Kontinent, auf kleinen Inseln in der Karibik und Europa |
| Geschwindigkeit: | 24 km/h |
Der Waschbär ist ein cleveres und anpassungsfähiges Säugetier, das ursprünglich aus Nordamerika stammt, aber heute auch in Europa verbreitet ist. Er ist leicht an seinem grauen Fell, dem buschigen Schwanz mit dunklen Ringen und der markanten "Gesichtsmaske" aus schwarzen Streifen um die Augen zu erkennen.
Waschbären sind Allesfresser und sehr geschickt darin, Nahrung zu finden. Ihre Ernährung umfasst Früchte, Nüsse, Insekten, kleine Tiere, Eier und sogar menschliche Essensreste. Sie haben ihren Namen von der Angewohnheit, ihre Nahrung im Wasser zu "waschen", obwohl dies in Gefangenschaft häufiger beobachtet wird als in freier Wildbahn. Ihre geschickten Vorderpfoten ähneln menschlichen Händen und ermöglichen es ihnen, Türen und Behälter zu öffnen und komplizierte Aufgaben zu bewältigen.
Waschbären sind hauptsächlich nachtaktiv und schlafen tagsüber in Baumhöhlen, verlassenen Gebäuden oder anderen geschützten Orten. Sie sind sehr anpassungsfähig und können in Wäldern, städtischen Gebieten und landwirtschaftlichen Landschaften überleben. Waschbären leben meist allein, kommen aber während der Paarungszeit im Frühjahr zusammen. Das Weibchen bringt nach einer Tragzeit von etwa zwei Monaten mehrere Junge zur Welt, die es fürsorglich aufzieht. Waschbären sind neugierige und intelligente Tiere, die oft für ihre Einfallsreichtum und Anpassungsfähigkeit bewundert werden.