Mein Name ist Finn – ich bin ein Stieglitz, ihr kennt uns vielleicht auch als Distelfinken. Mit meinem farbenfrohen Gefieder, leuchtend gelb, schwarz und rot, bin ich schwer zu übersehen. Ich habe mein Zuhause in einer lebendigen Hecke am Rand eines Kornfeldes, dem perfekten Ort für einen Stieglitz wie mich. Hier gibt es alles: saftige Distelsamen, schattige Verstecke und fröhliches Vogelgezwitscher. Aber mein Tag begann heute anders als gewöhnlich. Heute musste ich meine kleine Schwester finden, die plötzlich verschwunden war.
Als die Sonne sanft über den Horizont schielte, zwitscherte die Welt um uns herum munter drauflos, wie ein Orchester, das sich zum Morgenkonzert stimmt. Doch mein Herz trommelte eher vor Unruhe. „Linn! Wo bist du?“, rief ich unter jedem Ast, während ich aufgeregt von Zweig zu Zweig hüpfte. Meine Schwester Linn, kleiner und noch ein wenig ungestüm, war nirgends zu sehen. Gestern erst hatte sie begonnen, mutiger zu werden und weiter in den Lebensraum hinauszufliegen. Aber ein junges Küken allein hier draußen? Das konnte gefährlich werden. Ich wollte keine Sekunde verlieren.
Im Kornblumenfeld traf ich bald Dori, die Feldmaus. Sie knabberte gerade an einem Samenkorn und sah mich verwundert an. „Was ist los, Finn? Du klingst ja ganz außer Atem!“ Ich erklärte ihr die Lage, und Dori runzelte die Stirn. „Ich habe Linn vorhin Richtung Obstwiese flattern sehen.“ Das ließ mich sofort aufhorchen. Die Obstwiese war schön… aber auch Heimat von Krähen, und die sind nicht immer freundlich zu kleinen Vögeln wie uns. Ich bedankte mich und flog los, während Dori mir ein aufmunterndes „Viel Glück!“ hinterherrief.
Der Flug zur Obstwiese fühlte sich länger an, als er war. Die Luft war erfüllt vom süßen Duft blühender Apfelbäume, doch meine Sorgen verdüsterten den Moment. Plötzlich hörte ich ein leises Trillern – es klang vertraut! Zwischen den knackigen Grashalmen entdeckte ich Linn, die neugierig um einen Haufen rotbrauner Blätter hüpfte. „Linn!“, rief ich erleichtert. Ihre großen Augen leuchteten auf, doch bevor sie etwas sagen konnte, hörten wir ein bedrohliches Krächzen aus den Baumwipfeln über uns. Eine Krähe hatte uns bemerkt.
Ich blieb ruhig. „Linn, bleib bei mir“, flüsterte ich, während mein Herz gegen die Brust hämmerte. Ich breitete meine Schwingen aus und führte sie behutsam zu einer nahegelegenen Wildrosenhecke. Die dichten Dornen boten uns zuverlässigen Schutz, und bald verlor die Krähe das Interesse. Als sie verschwand, seufzte ich erleichtert. Linn blickte zu mir auf, ihre kleinen Flügel leicht zitternd. „Tut mir leid, Finn. Ich wollte nur sehen, wie weit ich fliegen kann.“ Ich legte meinen Flügel um sie. „Mut ist gut, Linn. Aber es ist klug, ein Nest in der Nähe zu haben, zu dem man zurückkehren kann.“
Zurück in der sicheren Hecke fühlte sich der Wind auf meinen Federn friedlicher an als je zuvor. „Familie ist wie unser Nest, Linn“, erklärte ich ihr mit einem sanften Lächeln. „Es gibt uns Sicherheit, egal, wie weit wir fliegen.“ Linn nickte und kuschelte sich dicht an mich. Der Abend senkte sich über uns, und die Stille des Kornblumenfeldes versprach, dass morgen ein neuer Tag mit neuen Abenteuern vor uns liegen würde.
| Name: | Stieglitz |
| Wissenschaftlicher Name: | Carduelis carduelis |
| Gewicht: | ca. 14-19 g |
| Maße: | ca. 12-13,5 cm lang, Flügelspannweite ca. 21-25 cm |
| Lebensalter: | ca. 8-10 Jahre |
| Lebensraum: | Wälder, Gärten, Parks, offene Landschaften |
| Geschwindigkeit: | ca. 30-35 km/h |
Der Stieglitz, auch als Distelfink bekannt, ist ein kleiner, bunter Singvogel, der in Europa, Nordafrika und Teilen Asiens heimisch ist. Er ist leicht an seinem auffälligen Federkleid zu erkennen, das leuchtend gelbe Flügelstreifen, einen roten Gesichtsmaskenbereich und einen schwarzen und weißen Kopf umfasst. Sein Gesang ist melodisch und besteht aus einer Reihe von Trillern und Zwitschern.
Stieglitze leben in einer Vielzahl von Lebensräumen, darunter Gärten, Obstplantagen, Wiesen und Waldränder. Sie ernähren sich hauptsächlich von Samen, insbesondere von Distelsamen, die sie geschickt mit ihren feinen Schnäbeln aus den Blütenköpfen picken. Im Winter bilden Stieglitze oft große Schwärme und suchen gemeinsam nach Nahrung, was ihnen hilft, die kalte Jahreszeit zu überstehen.
Stieglitze bauen ihre Nester gut versteckt in Bäumen und Sträuchern. Das Weibchen legt mehrere Eier, die es etwa zwei Wochen lang bebrütet. Beide Elternteile füttern die Jungen, bis diese flügge werden. Stieglitze sind aufgrund ihrer Farbenpracht und ihres fröhlichen Gesangs beliebte Vögel bei Vogelbeobachtern und Naturfreunden. Der Schutz ihrer Lebensräume und die Bereitstellung von Nahrungspflanzen wie Disteln tragen dazu bei, die Bestände dieser wunderschönen Vögel zu erhalten.