Ich heiße Liora, und ich bin eine Amsel – eine echte Schwarzdrossel, wie die Menschen uns manchmal nennen. Mein Federkleid glänzt tiefschwarz, und mein Schnabel leuchtet der Sonne entgegen, als hätte ich ihn aus purem Gold geschnitzt. Es war ein frischer Frühlingsmorgen, und der Wald, mein Zuhause, erwachte gerade erst. Dieser Lebensraum ist voll von Büschen, Bäumen und kleinen Lichtungen, ein Ort voller Geheimnisse. Ich liebe es, meine Flügel auszubreiten und in dieser grünen Welt von Ast zu Ast zu hüpfen. Mein Ziel? Der alte Haselstrauch auf der großen Wiese – mein liebster Ort für Morgengesänge. Unter diesem Laubdach ist die Luft erfüllt vom Duft des jungen Frühlings, und die Rufe meiner Nachbarn begleiten mich: Das freche Quietschen der Eichhörnchen, das „Zick-zick“ der Kohlmeisen und manchmal das ferne Hämmern des Buntspechts. Ein Paradies, wenn auch eines, das man stets aufmerksam durchstreifen muss. Denn obwohl ich so flink bin, lauert irgendwo vielleicht der Sperber, der mit seinen scharfen Augen die kleinste Bewegung erfasst. Doch heute fühlte sich alles sicher an, die Sonne strahlte warm vom Himmel, und die Welt schien friedlich.
Kaum war ich zwischen die Blätter des Haselstrauchs geschlüpft, hörte ich ein leises Rascheln. Ich drehte meinen Kopf. „Wer da?“ fragte ich laut und blickte umher. „Ich bin's, Theodor“, antwortete eine piepsige Stimme, und ein dicklicher kleiner Igel kugelte sich durchs Laub. Theodor war ein Morgenmuffel erster Klasse. Normalerweise bevorzugte er den Schutz seines Baues bis zum Abend, aber heute wirkte er unruhig. „Was machst du hier, Theo? Die Sonne ist doch viel zu hell für deine Augen!“ rief ich. „Ich suche was“, murmelte er. Ich musste schmunzeln. Theo suchte ständig etwas. Erst waren es Tannenzapfen, dann Käfer, dann wieder etwas anderes, das ihm wichtig erschien. „Was ist es diesmal?“, wollte ich wissen. „Ich hab’s vergessen“, sagte er und scharrte mit seinen kleinen, stacheligen Pfoten auf dem Boden. Vielleicht wusste er es tatsächlich nicht mehr, oder vielleicht hielt er es geheim. Was auch immer es war, es machte mich neugierig.
Mein neugieriger Schnabel brachte mich oft in merkwürdige Situationen, und genau so kam es auch diesmal. „Warte, Theo, wo willst du hin?“ rief ich ihm nach, als er plötzlich zielstrebig in Richtung des Brombeerbuschs stapfte. Ohne nachzudenken, hüpfte ich hinterher. Brombeerbüsche sind praktisch für uns Vögel – sie bieten Schutz und Verstecke vor Feinden wie Katzen. Aber sie sind auch eine Herausforderung: Voller Dornen, die sich selbst in die kleinsten Federn verirren können. Ich war vorsichtig, aber Theo schien unbeeindruckt. „Ich glaube, es war hier“, sagte er schließlich und starrte auf einen kleinen Fleck Erde, der seltsam plattgetrampelt wirkte. „Hier?“, fragte ich. Es sah nicht nach etwas Besonderem aus, aber auf den zweiten Blick bemerkte ich etwas: einen moosbewachsenen Stein, halb vergraben in der Erde. Theo stupste ihn mit seiner Nase an, und plötzlich flog der Stein zur Seite. Darunter lag etwas verborgen, etwas Glänzendes – ein alter Kronkorken, wie ihn Menschen in ihren Getränkeflaschen benutzen. Ich legte den Kopf schief. „Ein Schatz?“ fragte ich skeptisch. Theo nickte. „Natürlich! Schau doch, wie schön er glitzert!“ Und tatsächlich – das Sonnenlicht ließ die bunten Farben des Metalls hell aufblitzen.
Obwohl ich mich eher für Regenwürmer begeistere, gab ich Theos Entdeckung eine Chance. „Also gut“, zwitscherte ich, „lass uns diesen Schatz woanders hinbringen. Vielleicht können wir daraus etwas machen.“ Natürlich hatte ich keine Ahnung, was ich genau meinte, doch so ist das mit Ideen: Sie schlüpfen in deinem Kopf wie junge Küken. Schon bald arbeiteten Theo und ich zusammen. Mit meinen Krallen sammelte ich kleine Stöckchen und Blätter, die wir mit dem Kronkorken kombinierten. Gemeinsam bastelten wir etwas, das wie ein kleiner Talisman aussah und im Wind glitzerte. Wir befestigten es an einem Ast direkt neben meinem Nistplatz. In den nächsten Tagen merkten wir, dass andere Tiere auf unser Kunstwerk aufmerksam wurden. Meisen schauten vorbei, Schmetterlinge schienen magisch von den Farben angezogen, und sogar der Sperber, der sonst eher düster wirkte, schenkte uns einen anerkennenden Blick. Für Theo und mich war es etwas Neues, und doch verband es uns mit unserer Welt. Es war ein Ausdruck dessen, was wir zusammen erschaffen konnten.
Amseln können bis zu 200 verschiedene Gesangsmotive lernen und nutzen diese, um ihr Revier zu markieren oder einen Partner zu finden. Ihr Gesang variiert je nach Region, sodass Amseln eine Art "Dialekt" entwickeln können.
| Name: | Amsel |
| Wissenschaftlicher Name: | Turdus merula |
| Gewicht: | 80-125 g |
| Maße: | 23-29 cm Länge |
| Lebensalter: | Bis 5 Jahre |
| Lebensraum: | Wälder, Parks, Gärten |
| Geschwindigkeit: | Geschätzte Fluggeschwindigkeit 30-50 km/h |
Die Amsel, auch Schwarzdrossel genannt, ist ein weit verbreiteter Singvogel, der in Europa, Asien und Nordafrika vorkommt. Männliche Amseln sind leicht an ihrem schwarzen Gefieder und dem leuchtend orange-gelben Schnabel und Augenring zu erkennen, während die Weibchen und Jungvögel eher braun gefärbt sind und ein dezenteres Aussehen haben.
Amseln leben in einer Vielzahl von Lebensräumen, darunter Wälder, Parks, Gärten und sogar städtische Gebiete. Sie sind Allesfresser und ernähren sich von Insekten, Würmern, Beeren und Früchten. Oft sieht man Amseln auf dem Boden hüpfen, wo sie nach Nahrung suchen. Ihr melodischer Gesang, der oft früh am Morgen und am Abend zu hören ist, macht sie zu einem der bekanntesten und beliebtesten Singvögel.
Im Frühjahr und Sommer bauen Amseln ihre Nester in Büschen, Bäumen oder sogar in Gebäudenischen. Das Weibchen legt meist 3 bis 5 Eier, die es alleine bebrütet. Beide Elternteile kümmern sich um die Fütterung der Jungvögel. Amseln sind das ganze Jahr über aktiv und können in milden Klimazonen auch im Winter beobachtet werden. Ihr Gesang und ihre Anpassungsfähigkeit machen sie zu einem geschätzten Bewohner von Gärten und Wäldern.